Dieser Beitrag ist kein nostalgisches Loblied; er ist ein pragmatischer Blick auf die Entwicklung von Joomla, seine Stärken und seine Fehltritte — geschrieben aus der Perspektive von Designerinnen und Entwicklern, denen das Beste für unsere Kundinnen und Kunden und fürs Web am Herzen liegt.
Ursprünge: der Fork, der eine Bewegung auslöste
Joomla entstand aus einer Auseinandersetzung: Am 17. August 2005 beschlossen neunzehn Kernentwickler von Mambo, dass sie genug von unternehmerischen Eingriffen hatten, forkten den Code und machten sich eigenständig.
Zwei Wochen später stimmte die Community über einen neuen Namen ab, und „Joomla!“ – abgeleitet vom swahili Wort jumla, das „alle zusammen“ bedeutet – wurde zum Banner für ein Open‑Source‑Projekt, das unter dem Motto „because open source matters“ stand. Die erste Version, Joomla 1.0, erschien im September 2005 und bot eine stabile, benutzerfreundliche Alternative zu Mambo.
Die Anfangszeit war spannend und chaotisch. Ohne Venture‑Capital oder einen kommerziellen Eigentümer hing alles von Freiwilligen ab. Das Kernteam entschied sich für Community statt Kontrolle; als Seitenbetreiber profitieren wir von dieser Unabhängigkeit, aber sie führte auch zeitweise zu langsamerem Tempo.
Aufbau eines lebendigen Ökosystems
Die wahre Stärke von Joomla liegt in seiner Erweiterbarkeit. Im Jahr 2006 ging das Joomla Extensions Directory (JED) online und bot einen zentralen Anlaufpunkt für Add‑ons. Bis 2008 machte das überarbeitete Joomla 1.5 Langzeitunterstützung möglich, und bald verwandelten Erweiterungen Joomla in ein regelrechtes Schweizer Taschenmesser unter den CMS. Es gibt vier grundlegende Erweiterungstypen:
- Plugins (sie passen den Core an),
- Komponenten (sie fügen umfangreiche Funktionen hinzu),
- Module (sie zeigen Inhalte an) und
- Templates (sie bestimmen das Erscheinungsbild).
Diese Modularität machte es möglich, alles zu bauen — vom einfachen Blog bis zum vollwertigen E‑Commerce‑Shop.
Diese Flexibilität birgt Risiken. Da jede:r Erweiterungen veröffentlichen kann, schwankt die Qualität stark. Drittanbieter‑Komponenten haben in der Vergangenheit schwere Sicherheitslücken verursacht, und viele Betreiber vernachlässigen das Einspielen von Updates. Seriöse Entwickler auswählen und regelmäßige Wartung einplanen ist essenziell.
Von 2008 bis 2012 reifte Joomla schnell. Version 1.6 brachte feingranulare Zugriffssteuerung und unbegrenzte verschachtelte Kategorien; 2.5 verbesserte Datenbankunterstützung und Update‑Prozesse; 3.0 erschien 2012 mit responsive Design und vorintegriertem Bootstrap — damals ein Branchenprimus. Diese Releases zeigten, dass Joomla neben — und manchmal vor — größeren Playern innovieren konnte.
| Jahr | Version | Wesentliche Verbesserungen |
|---|---|---|
| 2008 | 1.5 | Langzeitunterstützung, Stabilität |
| 2011 | 1.6 | Access Control Lists (ACLs), verschachtelte Kategorien |
| 2012 | 2.5 | Erweiterte Datenbankunterstützung, verbesserte Updates |
| 2012 | 3.0 | Responsive Design, Bootstrap‑Integration |
| 2013 | 3.1 | Tagging |
| 2014 | 3.3 | Besseres Passwort‑Hashing, Microdata für SEO |
| 2015 | 3.4 | reCAPTCHA, Composer‑Support |
| 2017 | 3.7 | Custom Fields, mehrsprachige Assoziationen |
| 2018 | 3.9 | Privacy Tool Suite (DSGVO) |
Reifung und Diversifizierung
Mit der Entwicklung des Webs entwickelte sich auch Joomla weiter.
Tagging in Version 3.1 vereinfachte die Inhaltsorganisation. Version 3.3 verbesserte das Passwort‑Hashing und brachte Microdata für Suchmaschinen, während 3.4 Google’s reCAPTCHA und Composer‑Support integrierte. Bis 2016 verzeichnete das Projekt über 80 Millionen Downloads — ein Beleg dafür, dass Community‑getriebene Software massentauglich werden kann.
Custom Fields und mehrsprachige Assoziationen in Version 3.7 machten komplexe Seiten möglich, ohne am Core herumzuschrauben. Die Privacy Tool Suite in 3.9 adressierte DSGVO‑Anforderungen, und ein wachsendes Netz aus Joomla User Groups bot lokale Unterstützung und Austausch. Gleichzeitig wechselte das Entwicklerteam zu einem schnelleren Release‑Rhythmus — gut für Developer, aber für vielbeschäftigte Seitenbetreiber, die plötzlich häufiger updaten müssen, oft lästig.
Modernisierung: Joomla 4, 5 und der Weg zu 6
Joomla 4
Das lange erwartete Joomla 4 wurde im August 2021 veröffentlicht und brachte eine dringend nötige Überarbeitung. Barrierefreiheit, SEO und Performance wurden deutlich verbessert, die Verwaltungsoberfläche verschlankt, Workflows anpassbar und ein neuer Media Manager erleichterte die Dateiverwaltung. Joomla fühlte sich erstmals seit Jahren wieder wirklich modern an.

Joomla 5
Version 5, erschienen im Oktober 2023, baute auf diesem Fundament auf. Geschwindigkeitsgewinne, stärkere Sicherheit und eine flexiblere Architektur erleichtern Headless‑Lösungen und Integrationen mit anderen Diensten. Nachfolgende Punkt‑Releases verfeinerten das Erlebnis weiter: 4.2 ergänzte Workflow‑Verbesserungen und bessere Medienverwaltung, 5.2 brachte Aufgabenplanung und Accessibility‑Tweaks, und die aktuelle 5.3.2 (Juli 2025) verbessert E‑Mail‑Management, erweitert den Media Manager für Nicht‑Bild‑Dateien und poliert die Aufgabenplanung.
Joomla 6
Blickt man voraus, ist Joomla 6 für etwa Oktober 2025 geplant. Der Fokus liegt auf fortgesetzter Modernisierung und größerer Kompatibilität. Für Seitenbetreiber bedeutet das reibungslosere Upgrades, bessere Unterstützung neuer PHP‑Versionen und einen saubereren Codebestand.
Die Menschen hinter dem Code
Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten wird Joomla noch immer vollständig von Ehrenamtlichen betrieben.
Dieser Geist spiegelt sich im Namen – „alle zusammen“ – und im Motto „because open source matters“. Die Community organisiert lokale User Groups, Konferenzen und trägt mit Zehntausenden von Forenbeiträgen bei. Eine engagierte Bug Squad jagt Schwachstellen und liefert schnell Sicherheitspatches. Es gibt kein Venture‑Capital, das das Projekt steuert; Entscheidungen treffen Menschen, die tatsächlich Websites bauen.
Diese Unabhängigkeit hat zwei Seiten. Joomla erreicht in Deutschland etwa 11 % des CMS‑Marktes, weit hinter WordPress mit 47 %. Weniger Marktanteil bedeutet weniger kommerzielle Extension‑Anbieter und in manchen Bereichen weniger Spielraum für Feinschliff. Andererseits geben Sie Ihre Website nicht aus der Hand an ein Unternehmen, dessen Prioritäten sich über Nacht ändern können.
Herausforderungen und Überlegungen
Joomla war nie perfekt. Sicherheitsvorfälle entstehen oft durch schlecht implementierte Erweiterungen, und Major‑Upgrades können zeitaufwendig sein. Der Wechsel zu häufigeren Releases überraschte viele Betreiber, besonders bei komplexen Anpassungen. Und obwohl das Ökosystem breit ist, ist es nur ein Bruchteil der Größe des WordPress‑Marktes.
Wenn Sie heute eine Joomla‑Seite betreuen, helfen Ihnen diese Gewohnheiten:
- Halten Sie Core und alle Erweiterungen aktuell. Veralteter Code ist der einfachste Weg für Angreifer ins System.
- Wählen Sie Erweiterungen sorgfältig aus. Nutzen Sie gut gewartete Plugins und Komponenten von seriösen Entwickler:innen. Vermeiden Sie unbekannte Gratislösungen, es sei denn, Sie vertrauen der Quelle.
- Erstellen Sie regelmäßige Backups. Vor jedem Upgrade eine vollständige Sicherung, damit Sie bei Problemen zurückrollen können.
- Planen Sie Ihre Upgrades. Überspringen Sie keine Major‑Releases; testen Sie in einer Staging‑Umgebung, bevor Sie live gehen.
- Nutzen Sie die Community. User Groups, Foren und Agenturen wie unsere sind da, um zu helfen, wenn Sie nicht weiterkommen.
Die Sicht unserer Agentur
Von Anfang an respektieren wir Joomlas Open‑Source‑Ethos und die Ehrenamtlichen, die ihre Zeit investieren. Die Entscheidung, sich von Mambo abzuspalten, war nicht nur technisch – sie war ein Bekenntnis zu Unabhängigkeit und Community. Dieser Geist hat Joomla durch wechselvolle Zeiten getragen.
Als Agentur gab es auch frustrierende Phasen. Zu sehen, wie Joomla von einem gleichwertigen Mitbewerber zu einer deutlich kleineren Marktposition gegenüber WordPress abrutschte, machte Empfehlungen schwerer, besonders wenn Kundinnen und Kunden die „offensichtliche Wahl“ verlangten. Erweiterungen hielten nicht immer Schritt, und Major‑Upgrades fühlten sich mitunter wie eine Neuentwicklung der Seite an.
Aber die Releases von Joomla 4 und 5 haben unsere Zuversicht wiederbelebt. Wir empfehlen Joomla wieder verstärkt für Projekte, bei denen Flexibilität, Mehrsprachigkeit und Unabhängigkeit von Unternehmensfahrplänen zählen. Der Fahrplan zu Joomla 6 wirkt vernünftig, und die Community ist nach wie vor engagiert. Für Betreiber, die bereit sind, etwas Zeit in Wartung zu investieren, bietet Joomla weiterhin eine robuste, anbieterneutrale Basis.
Das Wichtigste in Kürze
- Joomla entstand 2005 als Fork von Mambo.
- Erweiterungen, ACLs und Custom Fields wurden von Joomla vorangetrieben.
- Ein ehrenamtlich getragenes Ökosystem bietet Unterstützung – aber geringerer Marktanteil bedeutet weniger kommerziellen Feinschliff.





